Fundstücke

Empire of the Dead #1

empire_of_the_dead_coverObwohl sich George A. Romero schon im August vergangenen Jahres dazu geäußert hat und auch Nerdcore – den ich zugegeben nicht regelmäßig lese, Zombiecontent in der Regel aber von Freunden zugespielt bekomme – bereits davon berichtete, ist es bis vor zwei Wochen vollständig an mir vorbei gegangen, dass Romero in Zusammenarbeit mit Marvel eine 15-teilige Comicreihe mit dem Titel Empire of the Dead veröffentlicht.

Der Vorteil daran ist, dass ich somit nicht lange ungeduldig warten musste, sondern die erste Ausgabe direkt beim Comicshop meines Vertrauens bestellen konnte.

Grund genug nun einen genaueren Blick auf die ersten 30 Seiten (Netto) zu werfen.

 Was den Zeichenstil und die Kolorierung angeht gefällt mir Empire sehr, sehr gut. Es sieht rau aus, phasenweise fast unsauber, was auf mich einen sehr passenden Eindruck macht. Die Farben sind größtenteils kühl, driften aber phasenweise ins poppige und erinnern dann an die Farbgebung der EC Comics[1], die auch schon Romeros Dawn of the Dead zu seinem speziellen Look verhalfen. Man merkt, ich bin kein Kunstwissenschaftler und Bildbeschreibungen sind sicherlich nicht meine große Stärke. Machen wir uns also lieber direkt an den Inhalt. Ich versuche so wenig wie möglich zu spoilern, werde aber um die ein oder andere Vorwegnahme nicht herum kommen.

 Die Handlung setzt fünf Jahre nach den Ereignissen, die uns in Night of the Living Dead präsentiert wurden, ein. Als Schauplatz dient Romero diesmal New York, das in seinen sozialen Strukturen der Welt ähnelt, die er bereits in Land of the Dead gezeigt hat. Während die Reichen in einem abgeschotteten Wohnkomplex am Central Park weiterhin ihrem dekadenten Lebensstil nachgehen, gilt es für den Rest der Bevölkerung das Überleben sicherzustellen. Neben dem Kampf gegen die Untoten ist also auch Klassenkampf an der Tagesordnung. Um für Unterhaltung zu sorgen, werden regelmäßig „Gladiatorenkämpfe“ veranstaltet, bei denen Zombies gegeneinander antreten. Da diese natürlich in Blutbädern enden, müssen ständig neue Untote beschafft werden. Diese zu organisieren ist im Wesentlichen der Job von Paul Barnum, der bei einem seiner Ausflüge an die Lower Eastside auf die Ärztin Penny Jones[2] trifft. Sie wiederum ist daran interessiert herauszufinden, auf welche Weise es Barnum gelingt die Zombies für den Kampf zu dressieren. Sie will wissen, ob es sich dabei um erinnertes Verhalten handelt, oder ob die Untoten ein Mindestmaß an Intelligenz besitzen, was es ermöglichen könnte, ihnen ihre Gewalt zu nehmen.

Hier wird auch bereits Romeros Grundprinzip klar, das sich durch nahezu alle seine of the Dead-Filme zieht: Die Frage nach der stetig voranschreitenden  Lernfähigkeit der Zombies (bei Romero allerdings meinst als ‚Stinker‘ bezeichnet). Mit Bub in Day of the Dead und Big Daddy in Land, hat er uns schon zwei Untote vorgestellt, die sich von der breiten Masse der tumben Monster unterscheiden. Was die erste Ausgabe von Empire direkt besonders macht ist die Tatsache, dass hier schon ein Zombie eingeführt wird, der sich scheinbar nicht nur an alltägliche Tätigkeiten, sondern sogar an moralische Normen zu erinnern scheint und diesen folgt. Im Gegensatz zu den Menschen (oder evtl doch anderen Wesen?  – ich muss mich leider ein wenig vage Ausdrücken, um den Spoiler aus dem Cliffhanger zu umgehen), die diese Prinzipien mittlerweile aufgegeben zu haben scheinen.

Im Großen und Ganzen bleibt sich Romero hier also treu, wenn es darum geht das Zusammenleben der Menschen zu kritisieren und deren Hang zur Gewalt der Gewalt der Zombies gegenüber zu stellen. Romeros Schema-F der Sozialkritik wird am Ende allerdings um einen neuen, durchaus überraschenden Punkt gesteigert, auf dessen weitere Ausgestaltung ich sehr neugierig bin. Ich persönlich würde mir zwar wünschen, dass es dabei bei einer Metapher bleibt (die aber sicherlich auch funktioniert, wenn sie erzähltechnisch genau so weitergeführt wird), würde es Romero aber durchaus zutrauen einen interessanten Spagat zwischen zwei Subgenres zu schaffen. Grundsätzlich bin ich aber kein großer Freund solcher „Crossover“.

Ich werde die Reihe selbstverständlich weiter verfolgen und weiter über die kommenden 14 Ausgaben berichten. Heft 2 erscheint in den USA übrigens am 26.2.


[1] Zeichner Alex Maleev gibt als besonderen Einfluss Jorge Zaffino an, der für Marvel u.a. Ausgaben des Punishers zeichnete.

[2] Als Erklärung für Pennys Motivation gibt es hier einen Flashback in die Ereignisse von Night. Penny Entpuppt sich als die Schwester von Barbra und Ben, die davon berichtet, was mit Barbra geschah, nachdem der zombifizierte Ben sie aus dem verbarrikadierten Haus gezogen hat.

Der Zombie – Das Magazin für Phantastische Filme, die einfach nicht sterben wollen

Eher durch Zufall entdeckte ich gestern auf Schnittberichte.com eine Werbeanzeige für ein neues Magazin. Der Titel „Der Zombie“ ließ mir selbstverständlich keine andere Möglichkeit, als es direkt zu bestellen und schon heute konnte ich die erste Ausgabe aus dem Briefkasten fischen.

Mein Respekt gilt zunächst dem Mut ein Magazin im Alleingang zu gestalten, mit Inhalt zu füllen und zu vertreiben. Noch mutiger ist es – zumindest heutzutage – dies auch noch als Printversion herauszugeben. Das Ergebnis kann sich allerdings sehen lassen. Auf 52 Seiten setzt sich Markus Haage in dieser ersten Ausgabe mit dem filmischen Phänomen The Evil Dead auseinander: ausgehend von Regisseur Sam Raimis ersten Versuchen einen abendfüllenden Spielfilm zu drehen, über den Kultklassiker The Evil Dead (1981), dessen Zensurgeschichte, den Fortsetzungen The Evil Dead II (1987) und Army of Darkness (1992), bis hin zum aktuellen Remake des ersten Teils. Der Fokus liegt hier vorwiegend auf der Produktionsgeschichte der einzelnen Filme, sowie auf der Rezeption und Vermarktung.

Im Vorwort der Ausgabe weist Haage darauf hin, dass es sich bei dieser Premiere in der Tat um einen Testlauf handelt, die Option der Erweiterung des Heftes ist offen. Bisher habe ich die Ausgabe noch nicht vollständig lesen können, aber was ich bisher sagen kann ist, dass das Magazin einen sehr soliden Eindruck macht. Gut recherchiert und sprachlich sauber bietet es einen detaillierten Überblick zu einem der bekanntesten Franchises des Horrorgenres.

Meine Neugier auf die, ab August zu erwartende, zweite Ausgabe, die sich mit John Carpenters The Thing (1982) befassen wird, ist groß und ich wünsche jede Menge Erfolg bei der weiteren Umsetzung (und dass sich die Erstauflage von 1000 Exemplaren möglichst schnell verkauft).

Da ein solch ambitioniertes Projekt jeglicher Unterstützung bedarf ist es mir fast schon ein persönliches Anliegen an dieser Stelle die Werbetrommel zu rühren. Daher sei jedem Interessierten geraten sich eine Ausgabe zu bestellen. Der Vertrieb erfolgt über Haage selbst via Amazon Marketplace. Weitere Informationen zum Heft gibt es auf der Homepage zum Magazin, die allerdings noch im Entstehen begriffen ist.

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Physik trifft Zombies

Heute veröffentlichte Golem eine Meldung zu einem ambitioniert wirkenden Freizeitprojekt einiger Physik-Doktoranden, in dem die Zombie-Epidemie auf ein missglücktes Experiment am LHC folgt. Der Trailer sieht für eine Hobby(?)-Produktion sehr ordentlich aus. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Website zum Film.

Sobald der Film, wie angekündigt, tatsächlich unter der Creative-Commons-Lizenz zu sehen ist, werde ich ihn an dieser Stelle natürlich nachreichen (und ggf. ein paar Worte dazu schreiben).

The Evil Dead (2012)

Grundsätzlich bin ich kein allzu großer Freund von Remakes, besonders dann nicht, wenn es sich um Neuauflagen von Filmen handelt, die ich sehr gerne mag. Das Update von Sam Raimis Klassiker The Evil Dead (1981) (im weitesten Sinne eher ein Dämonenfilm statt dem Zombiegenre zugehörig, ich weiß, dennoch oft genug auch in diesem Zusammenhang erwähnt) macht mich jedoch neugierig. Trotz etlicher ikonografischer Gemeinsamkeiten zum (immer noch) populären torture porn, die bildästhetisch mittlerweile wohl zum „guten Ton“ gehören, macht er auf den ersten Blick einen ordentlichen Eindruck. Wenn die Atmosphäre des Trailers auch auf die gesamte Filmlänge übertragen wird, ist dies ein weiteres Remake (neben Zack Snyders Interpretation von Dawn of the Dead, 2004), mit dem ich meinen Frieden machen kann.

Zu sehen ist der Trailer hier:

http://www.dreadcentral.com/news/60804/see-evil-dead-new-york-comic-con-trailer-while-you-can

Mit vielem Dank an Dennis für den Hinweis.

Zombiekins (2010)

In seinem Buch Theories of International Politics and Zombies gibt Daniel Drezner nicht nur anschauliche Tabellen wieder, die beweisen, wie drastisch der „Output“ von Filmen und Literatur, die sich mit dem Zombiemotiv befassen, in den letzten 10 Jahren gestiegen ist. Ebenso weißt er darauf hin, dass sich auch aus wissenschaftlicher Perspektive, nicht mehr nur einige Randgruppen von Geisteswissenschaftlern beschäftigen. Längst ist die Theorie des Zombies auch bei den Zoologen, den Biologen, Forensikern, Physikern und Mathematikern durchgedrungen und hat spannende Theorien hervor gebracht.[1]

Dass das Zombiemotiv dabei multimedial ist, wird an etlichen Filmen, Comics, Videospielen und Büchern ersichtlich. Es war benahe zu erwarten, dass sich jemand daran macht das Feld auch für die Literatur um weitere Subgenres zu erweitern.Mit Kevin Bolgers „Zombiekins“ liegt ein Kinderbuch vor, das das Zombiemotiv aufgreift.

Bolgers überschreitet darin häufig die Gesetzmäßigkeiten des Zombiegenres und kombiniert sie mit klassischen Grusel- und Jungendgeschichten. Dabei lässt er nur sehr wenige Klischees auf der Strecke.

 Der kleine Ort Dementedyville strotzt nur so vor Normalität, Kleinbürgertum und Langeweile. Einzig das (angeblich) verspukte Haus der Witwe Imavitch sorgt für Misstrauen bei den Bewohnern. Als sie einen privaten Flohmarkt veranstaltet, ersteht der kleine Stanley dort ein mysteriöses Kuscheltier namens Zombiekins – eine Mischung aus Teddy und Hase, mit scharfen Fangzähnen, der allgemein ein wenig abgerissen aussieht. In der Annahme, mit diesem Plüschtier der neue Held des Schulhofs zu werden kauft Stanley Zombiekins. Dabei ignoriert er die Hinweise der Witwe („Read zee instructionz!“) und nimmt Zombiekins mit in die Schule, ohne irgendwelche Warnungen zu beachten. Nachdem Zombiekins in der Nacht zum Leben erwacht und erst einmal die anderen Kuscheltiere in Stanleys Kinderzimmer meuchelt, treibt er das gleiche Spiel anschließend in der Schule, worauf hin sich die Kinder in Folge seines Bisses in Zombies verwandeln. Gemeinsam mit Freundin Miranda will Stanley dem drohenden Unheil nun ein Ende bereiten.

 „Zombiekins“ ist eine Annäherung der Kinderliteratur an das Zombiegenre. Bolger bedient sich hier vieler bekannter Motive anderer Gattungen – Es gibt verweise auf Voodoo und Hexerei, auch gängige Märchenmotive werden immer wieder aufgegriffen.

In der vertrauten Atmosphäre der Schule, treten diverse Stereotypen auf: Streber, strenge Lehrer und natürlich auch der Schulschläger, der Stanley schikaniert. Sie alle fallen dem Zombie-Kuscheltier  zum Opfer, sorgen dabei aber eher für Unruhe, als für eine drohende Apokalypse. Es geht eher dramatisch als blutrünstig zu. Bolgers Humor bewegt sich dabei zwischen Slapstick und einem pointierten Spiel mit der Erwartungshaltung, die auch junge Leser an Handlungsstränge hegen. (Etwa dass der aufgebrachte Mob zu Beginn des Buchs die Witwe nicht etwa lynchen will, sondern lediglich wild auf einige Schnäppchen während des Yard Sale).

 Bolgers Buch ist somit ein durchaus unterhaltsamer Versuch, das Motiv in die Kinder- und Jugendliteratur zu integrieren, den er selber mit einigem Augenzwinkern umgesetzt hat. „Zombiekins“ hat nicht das Zeug zum Klassiker, es wird aber interessant zu beobachten sein, ob sich das Zombiemotiv relevant für die Kinderliteratur erweist und welche Veränderungen es möglicherweise durchlaufen wird. Ich persönlich  könnte mir gut vorstellen, dass es – auch im Auftrag der (geografischen) Bildung – wieder Rekurs auf den Zombie im Voodooglauben nehmen könnte, der in der Umsetzung von „Erwachsenenunterhaltung“ nahezu gänzlich verschwunden ist. Weiter bietet die „Zombifizierung“ von Objekten natürlich Spielraum für nahezu jedwede Art von Aberglauben/Zauber/wissenschaftlichen Experiment.


[1] Drezner, Daniel W.: Theories of International Politics and Zombies. Princeton University Press. Princeton 2011. S. 11.